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Mobbing führte uns zusammen

Mobbing führte uns zusammen

 

 

Prolog:

 


Seit anderthalb Jahren bin ich nun schon auf dieser Schule.    
>Anderthalb qualvolle Jahre...<

Saß tagtäglich auf meinem Platz.                                         
>...sitze ich schon alleine da und lerne.<

Ließ alles um mich herum in Ruhe.
>Ignoriere die Welt um mich herum.<

Alles und jeden.                                                                 
>Mir kann alles und jeder egal sein.<

Doch das genügte nicht.                                                      
>Sie fanden, ich sähe aus wie ein Mädchen.<

Gehänselt wurde ich trotzdem.
>Nur weil ich nicht von hier bin...<

Täglich fanden sie mich.                                                      
>Können sie mich nicht in Ruhe lassen?<

Mein Aussehen trug dazu bei.                                               
>Soll ich mir die Haare schneiden?<

Was wäre, wenn ich auf eine normale Schule ginge?
>Würden sie mich dann in Ruhe lassen?<

Soll ich es wagen? Von hier fortgehen?
>Können sie mich überhaupt in Ruhe lassen?<

Ich lass es am besten einfach über mich ergehen.                  
>Soll mir doch egal sein, was sie sagen.<

Ich habe sowieso keine Kraft, mich dagegen zu wehren.
>Schlimmer kann es eh nicht werden.<

Noch lebe ich.                                                                     
>Schlimmer als jetzt ganz sicher nicht.<

Gibt es noch Hoffnung?                       
>Gibt es jemanden der mir helfen will?<

Wenn ja, ich wäre für alles dankbar.
>Jemanden, der es wirklich versuchen will?<

 

*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~

 

Jeden Tag derselbe Anblick.                                                  
>Woran er wohl denkt?<

Was ist nur mit ihm los?
>Warum ist er immer so allein?<

Ob er etwas schlimmes durchmacht?                                     
>Soll ich ihn ansprechen?<

Er wirkt so verschlossen.                                                      
>Würde er mir antworten?<

Hatte er eine schlimme Kindheit?                                          
>Woran mag es wohl liegen?<

Woran liegt es, das er sich so verschließt?
>Etwa, weil er nicht von hier ist?<

Ich sollte etwas unternehmen...
>Warum ist er wohl auf dieser Schule?<

Ich muss ihn ansprechen...                                                  
>Hat er etwas angestellt?<

Mit ihm reden...
>Oder gibt es einen anderen Grund?<

Kann ich ihn zu einem Gespräch animieren?
>Würde er ihn mir verraten?<

Kann er überhaupt reden?                                                   
>Was, wenn ich ihn nur weiter verschrecke?<

Oder er versteht unsere Sprache nicht...                               
>Ich möchte ihn verstehen...<

Aber dann wäre er nicht auf dieser Schule...
>Mit ihm reden...<

Wird er irgendwann sein Herz öffnen und...                           
>Ihn verstehen...<

...mir vertrauen?                                      
>Ihm helfen...<


*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~*°~

 

Kapitel 1: Seine Blicke

 

„Wieder ein Tag wie jeder andere...“ dachte ich mir gerade, als ich den Kaffee in die Tasse goss und einen Schluck davon trank. Ein Seufzer verließ meine Kehle.

Nachdem ich die Tasse leer getrunken hatte, griff ich zur Aktentasche, die neben mir auf dem Boden stand und machte mich auf den Weg zur Schule.

Ich frage mich jeden Tag, warum ich unbedingt Lehrer werden wollte. Die Schüler sind schwierig, genauso wie die Kollegen. Ich komme mit denen einfach nicht klar. Woran das wohl legen mag? Ich weiß es nicht. Aber mir ist aufgefallen, das ich mit Leuten, die so sind wie ich, besser klarkomme.

„Ich frage mich, ob ich die neue Stelle bekomme...“

Ich hatte mich vor einiger Zeit an einer Schule für Problemkinder beworben, einer reinen Jungenschule. Dort wurden die unterrichtet, die im Unterricht kaum mitkamen, keine Familien mehr hatten, Psychisch labil waren oder wenn sie Gewaltsam wurden. Doch all dies schreckte mich nicht ab. Im Gegenteil. Ich wollte ihnen helfen. Ihnen helfen den richtigen Weg einzuschlagen.

 

Im Lehrerzimmer richtete ich die Unterlagen für den Unterricht vor. Nur wenig später sprach mich Hasegawa-san an.

„Guten Morgen, Hiwatari-san. Was liegt an?“

„Guten Morgen. Heute nichts besonderes.“

„Nicht? Haben Sie vielleicht Lust, mit mir einen Kaffee trinken zu gehen? Nach Schulschluss?“

„Tut mir leid. Aber ich erwarte einen Anruf.“

Okay. Es ist zwar nicht die feine Art, eine Dame anzulügen, aber ich hatte einfach keine Lust.

„Schade. Dann ein ander mal?“

„Vielleicht.“

Ich verstehe nicht, warum sie es immer wieder versucht...

„Gut. Wir sehen uns.“

„Ja.“

Soll ich vielleicht wirklich mal mit ihr weggehen? Ob sie mich danach in Ruhe lässt?

 

Es dauerte nicht lange, da klingelte auch schon die Schulglocke. Ich musste in die 9. Klasse. Schon seltsam. Es kommt mir vor, als sei ich erst gestern in ihrem Alter gewesen. Und das, obwohl es schon mindestens 8 Jahre her ist...

Ein kurzes lächeln glitt über meine Lippen. Ja... das ich schon mit 24 Lehrer geworden bin, überrascht mich bis heute.

 

Am späten Nachmittag kam ich dann nach Hause. Ich legte die Tasche auf die Couch, lockerte meine Krawatte und

Schaltete den Fernseher an. Kurz darauf ging ich in die Küche und holte mir ein Glas Wasser. Während ich dieses trank, begab ich mich zum Sofa, setzte mich auf dieses und sah auf die Mattscheibe. Ich schaltete einige male weiter, doch im Moment kam nichts, was sich lohnen würde anzusehen. Also knipste ich das Gerät wieder aus und stand auf. Gerade wollte ich in mein Arbeitszimmer gehen, da klingelte das Telefon.

„Ja?“ „....“

„Ja...“ „...“

„Verstehe. Und ab wann?“ „...“

„Gut. Ja. Danke für Ihren Anruf.“ „...“

„Ja. Wiederhören.“

 

Nachdem ich wieder aufgelegt hatte, verschnaufte ich kurz, um zu realisieren, was mir gerade gesagt wurde.

„Ich hab die Stelle... Ich hab sie...“

Doch schnell begriff ich und rief sofort bei meinem Chef an. Sagte diesem, das ich ab nächstem Monat eine neue Stelle hätte. Es überraschte mich, das er es so positiv aufnahm. Ich glaube, er wusste, das ich auf diese Schule will.

 

Etwa einen Monat später. Endlich war es soweit. Endlich durfte ich auf die Schule, auf die ich schon immer wollte. An der ich schon immer lehren wollte.

Natürlich war es während der ersten Tage nicht einfach. Ich musste mich erst zurechtfinden. Mit den Schülern ein vertrautes Verhältnis aufbauen... Doch ich hatte das Gefühl, das meine neuen Schüler mich herzlich in ihren Reihen aufnahmen. Na ja... Alle, bis auf einer.

Der Junge, der ziemlich lange Haare hatte, starrte fast ausschließlich nach draußen. Blickte kaum vor zur Tafel, ignorierte, was ich von mir gab. Es wunderte mich, das er dennoch gute Noten schrieb.

 

Auch heute war wieder einer dieser Tage. Ich saß am Pult, ordnete den Papierkram und bereitete mich auf die erste Stunde vor. Und wieder fiel es mir auf. Diese Klasse hatte sich in drei Gruppen gespalten, doch der Junge, Raymond, war in keiner dieser Cliquen. Ich fragte mich, warum.

Schon am ersten Tag war mir aufgefallen, das sich Raymond von den andren abkapselte. Er redete kaum, ignorierte wirklich alles. Aber vor allem sein Blick, den ich nicht vergessen konnte, machte mir Sorgen.

„Schon wieder dieser leere Blick... Ich frage mich, was der Junge hat...“

Lange dachte ich darüber nach. Erst später kam mir eine andere wichtige Frage in den Sinn.

„Warum ist er eigentlich hier?“

 

In der Pause. Diese Woche hatte ich Pausenaufsicht. Ich ging also durch die Menschenmenge, schlichtete hier und da einen Streit und ging wieder weiter. Sofort fiel mir auf, das Raymond nicht zu sehen war.

„Wo steckt der Junge?“ Dachte ich mir, ehe ich ein dumpfes Geräusch hörte.

Sofort ging ich zu dieser Stelle hin und sah nach, was da los war. Doch was ich sah, erschrak mich.

Raymond wurde von einigen älteren, wahrscheinlich Zwölftklässler, herumgeschubst. Sie machten sich einen Spaß daraus, den Jungen hin und her zu schubsen. Einer wich gerade aus, sodass Raymond zu Boden fiel und sich das Knie aufschürfte.

„Ooh... Hat sich unser Mädchen wehgetan?“ Meinte einer der Jungen sarkastisch, kniete sich überlegen grinsend neben Raymond hin.

„Hahahahaha.“ Gelächter brach aus. Raymond war den Tränen nahe.

„Jetzt reicht es aber!!“ Ich schritt ein. Das war eindeutig zu viel des Guten.

„Oh. Wen haben wir denn da? Den neuen Lehrer...“

„Ihr solltet mich nicht unterschätzen! Jedoch... Ihr seid sicher schlau genug, euch nicht in Gefahr zu bringen...“

„Ha! Das ich nicht lache! So ein halbes Hemd mache ich doch mit links fertig!“

„Meinst du?“

„Sicher!“

„Probier’s doch.“ Warum ich ihn provozierte konnte ich mir selbst nicht erklären...

„Ha!“

Der Junge rannte auf Kai Hiwatari zu, doch dieser wich elegant aus. Nur wenige Sekunden später holte der Junge zum Schlag aus, doch Kai konnte seinen Arm abfangen und verdrehte diesen so, das er sich nicht mehr wehren konnte.

„Ver...! Okay! Sie haben gewonnen. Ich lasse ihn in Ruhe!“

„Nie wieder?“

„Ja. JA! Und nun lassen Sie mich bitte los!“

Ich lies ihn los. Gewalt war so oder so nie die richtige Lösung. Es dauerte nicht lange, da waren die Jungen verschwunden. Raymond, der Bewusstlos auf dem Boden lag, brachte ich noch zur Krankenstation.

 

Kapitel 2: Erstes Vertrauen?

 

[Raymonds PoV]

 

„Wo...bin ich?“ Dachte ich mir, als ich wach wurde.

Ich sah mich um. Schien das Krankenzimmer zu sein. Mein Blick wanderte noch immer umher, solange, bis ich jemanden neben mir sitzen sah. Es war unser neuer Sensei, Hiwatari. Was wollte er hier?

 

„Bist du aufgewacht?“ Fragte mich die Person neben mir. Ich nickte nur unscheinbar. „Das ist gut.“ Er schien sich darüber zu freuen. Aber warum?

„Ich muss jetzt in die Klasse zurück. Du kannst noch hier bleiben. Ruh dich aus. Später sehe ich noch mal nach dir. Okay?“

Noch ehe ich irgendwie antworten konnte, ging mein Sensei aus dem Zimmer. Ich seufzte. Was war passiert?

„Ah. Stimmt. Ich wurde wieder von diesen Typen geärgert...Aber was geschah dann? Ich kann mich nicht erinnern.“ Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf, der mir ganz schön wehtat.

„Aah...“

Ich sah mich erneut um. Keiner da. Da es mir körperlich gut ging, von den blauen Flecken abgesehen, wollte ich nicht länger in diesem Zimmer verbringen.

Doch in den Unterricht wollte ich auch nicht zurück. Schwänzen ging aber auch nicht. Was sollte ich da machen?

Meine Gedanken wurden unterbrochen. Die Tür wurde geöffnet und eine der Ärztinnen kam herein.

„Geht es dir schon wieder besser, Raymond?“ Ich nickte.

Sie kannte mich inzwischen schon recht gut. Sehr oft wurde ich hier behandelt.

„Möchtest du in den Unterricht zurück? Oder willst du dich lieber ausruhen und nach Hause?“ Sie kannte mich sehr gut.

Wieder nickte ich.

Gut. Es war nicht ganz okay, das ich mich einfach krank schreiben lies, nur weil ich ein paar blaue Flecken hatte... Doch schaffte ich es nicht, meinem Sensei noch einmal zu begegnen. Er hatte mich anscheinend ins Krankenzimmer gebracht. Für heute war das zu viel Kontakt. Viel zu viel.

 

Nachdem mir die Ärztin die Krankmeldung gegeben hatte, die ich dem Rektor gab, ging ich nachhause. Meine Schultasche lies ich hier. Morgen konnte ich sie mir auch noch holen.

 

Zu Hause angekommen, setzte ich mich auf die kleine Couch. Meine „Wohnung“ war nicht besonders groß. Küche, Bad, Wohn/Schlafzimmer. Insgesamt waren es nur 15m². Aber mir reichte es. Viel mehr hatte ich sowieso nicht verdient. Nicht, nachdem ich...

Ich schüttelte mich. Ich wollte mich doch nicht mehr daran erinnern. Nie wieder. Zu schrecklich sind diese qualvollen Erinnerungen. ... zu qualvoll...

 

Ich wachte am späten Nachmittag auf. Irgendjemand klingelte an meiner Tür. Doch wer? Es kannte doch niemand meine Adresse...

Ich stand auf, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und ging dann zur Tür. Da ich keinen Türspion besaß, öffnete ich die Tür.

„Hiwatari-sensei!“ Dachte ich erschrocken. „Was will er hier?“

„Hallo Raymond-kun. Ich wollte nur mal nachsehen, wie es dir geht. Warum bist du nicht mehr zum Unterricht gekommen?“

Ich hatte einen Kloß im Hals. Was sollte ich denn nun machen?

„Darf ich reinkommen?“

Ich sah ihn noch immer geschockt an. Und obwohl ich keine Antwort gab, kam Hiwatari-sensei herein.

„Das ist aber eine kleine Wohnung.“ Sagte er, nachdem er sich kurz umgesehen hatte.

Auch wenn ich sehr selten Besuch bekam, so wusste ich, das es sich einfach gehört, ihm etwas anzubieten. Und so ging ich in die Küche und bereitete ein wenig Kaffee zu. Hiwatari-sensei folgte mir.

„Oh. Sehr nett. Danke.“ Ich nickte.

 

Nach fünf Minuten war das bittere Getränk fertig. Ich goss etwas Kaffee in eine Tasse und stellte ihm Milch und Zucker, sowie einen Löffel hin. Der Mann nahm sich die Milch und gab etwas in die schwarze Brühe. Mit dem Löffel rührte er das Gebräu um und trank einen Schluck, stellte die Tasse danach wieder ab.

„Sehr gut. Wirklich.“

Ohne weiter darauf einzugehen, ging ich ins Wohnzimmer und setzte mich auf meine Schlafcouch. Hiwatari-sensei tat es mir gleich, setzte sich neben mich hin. Sofort wich ich ein wenig zurück, rutschte auf die rechte Seite. Ich wollte nicht, das er mir zu nah kam.

„Raymond-kun...?“

Zitternd umklammerte ich meinen linken Arm. Was wollte er denn nun von mir?

„Ray-kun... Ich weiß, das es sich nicht gehört, aber...warum bist du auf dieser Schule?“

Ich riss meine Augen auf. Das mich das einmal jemand fragen würde!? Mir wurde schwarz vor Augen. Ich kniff sie zusammen.

„Nein! Nein! Nein! Ich darf nicht daran denken! Ich darf nicht!“ Redete ich mir ein. Nun zitterte mein ganzer Körper. Ich konnte nichts dagegen tun. Genauso wenig konnte ich verhindern, das mir die Tränen kamen.

„Ray-kun? Was...Was hast du denn?“

Panisch drehte ich mich weg. Ich wollte nicht, das er mich so sah.

Doch Hiwatari-sensei war hartnäckig. Er packte mich an den Schultern und drehte mich zu sich her, ich konnte mich nicht dagegen wehren.

Das Zittern lies nicht nach, woraufhin mich mein Sensei in seine Arme nahm. Ich hielt die Luft an.

„Es ist alles in Ordnung. ...alles in Ordnung...“ Redete er beruhigend auf mich ein.

Ich weiß nicht warum, aber es schien zu helfen. Meine Tränen versiegten und das zittern hörte immer mehr auf. Was war das nur? Warum konnte mich ein Fremder so schnell wieder beruhigen? Warum?

 

Es dauerte nicht lange, bis ich eingeschlafen war.

Hiwatari-sensei legte mich auf die Couch und deckte mich mit einer Decke zu, die im Wandschrank lag. Irgendwann war er dann gegangen.

Ich träumte in jener Nacht von jenem Erlebnis, das ich schon fast verdrängt hatte.

 

[Kais PoV]

 

„Was war das nur? Warum hat er plötzlich angefangen zu zittern? Zu weinen? Habe ich etwas falsches gesagt? ... Ah. Etwa... die Frage von vorhin? War es das? ... Was ist bloß passiert?“

 

Lange dachte ich darüber nach – fand aber keine logische Erklärung. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum ein Junge in einem so jungen Alter schon so verstört reagieren konnte.

Obwohl...so selten kam das sicher nicht vor. Bestimmt nicht. Aber Ray war der erste, den ich kannte, der so panisch reagierte. Folglich musste es etwas schreckliches sein.

 

Auch nachdem ich zuhause war, hatte ich keinen Plan, was Ray anging. Ich hing meine Jacke auf und ging in die Küche. Dort machte ich mir eine Tasse heiße Schokolade und setzte mich danach ins Wohnzimmer. Doch zur Ruhe fand ich dadurch nicht, woraufhin ich früh schlafen ging.

 

Kapitel 3: Erste Annäherung

 

[Kais PoV]

 

Da mir Ray einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte, beschloss ich, ihn ab sofort jeden Tag zu besuchen. Ich weiß zwar nicht, ob es sich gehörte – so al Lehrer – aber das war mir egal. Ich wollte ihm helfen. Ich musste ihm helfen!

 

Nach der Schule, es war nun 16.00 Uhr. Zwar hatte mich Hasegawa-san mich wieder auf einen Kaffee einladen wollen, doch Ray war mir wichtiger.

Ich ging also zu der kleinen Wohnung, klingelte. Doch auch nach Minuten öffnete mir niemand die Tür. Verwundert drehte ich mich dann um – wollte gehen – da kam der Junge gerade nachhause. Er war anscheinend einkaufen...

Nachdem ich ihn sah, lächelte ich ihn an. Ray hingegen verzog keine Mine, schloss einfach die Tür auf und ging hinein, die Tür ließ er offen – er ließ mich rein. Das freute mich irgendwie.

 

„Danke.“

 

Ich kam herein und schloss hinter mir die Tür. Da ich heute schon zum fünften Mal gekommen war, wurde es zu einer Art Tradition, dass Ray mir einen Milchkaffee anbot. Dankend nahm ich diese an und trank einen Schluck.

 

„Wie geht es dir heute? Besser?“

„...“

 

Er antworte nie. Doch hin und wieder konnte ich leichte Regungen seiner Gesichtszüge erkennen. Leider kam das sehr selten vor.

 

„Darf ich dich was fragen?“

„...“

„Warum...bist du so ruhig?“

„...“

 

Er drehte seinen Kopf zur Seite. Es war ihm anscheinend unangenehm. Aber warum? Das war doch eine ganz normale Frage. Oder?

 

„Gut. Du brauchst mir nicht zu antworten. Aber ich würde dich wirklich gerne verstehen, Ray.“

Ich redete sehr ruhig – ruhiger, als ich es sonst war.

„...“

 

Diesmal senkte er seinen Kopf, schloss seine Augen ein wenig und – womit ich nie im Leben gerechnet hätte – lächelte mich an. Es war nur ein kurzes, unscheinbares Lächeln, doch es war da. Somit hatte er zugestimmt.

Ich lächelte nun auch. Ich war froh darüber, dass er sich mir endlich öffnen wollte.

 

„Danke.“

 

Das Lächeln, welches noch immer mein Gesicht zierte, blieb noch lange. Es erfreute mich, dass Ray sich mir gegenüber endlich ein wenig offener zeigte.

Ich sah auf meine Armbanduhr. Diese zeigte inzwischen 17.25 Uhr an. Da ich um diese Zeit meist anfing zu kochen, stand ich auf und drehte mich um.

 

„Hast du Hunger? Soll ich uns was machen?“

Fragte ich und wartete auf seine Antwort.

„...!“

 

Ray drehte sich um, blickte mich verwirrt an, schüttelte seinen Kopf und stand dann ebenfalls auf. Mit schnellen Schritten ging er an mir vorbei. Ich sah irritiert hinterher.

 

„Ray?“

 

Ich fragte mich, warum er plötzlich so aufgesprungen in die Küche ging. Doch nachdem ich sah, dass er zwei Teller aus dem Kühlschrank holte, ging mir ein Licht auf.

 

„Hast du das gekocht?“

 

Es war seltsam. Warum hatte Ray zwei Teller Curry im Kühlschrank? ... Hatte er etwa auf mich gewartet? Nein. Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber warum dann?

Es dauerte eine Weile, bis ich auf eine logische Erklärung kam.

 

„Klar. Ich besuche ihn ja schon seit einiger Zeit. Er wird einfach im Voraus gekocht haben...“, dachte ich mir. Dabei fiel mir etwas anderes ein. „Ich frage mich, wovon er sich sonst immer ernährt? Kocht er für eine ganze Woche? Wenn ja, wo hat er das Geld dafür her? ... Kann es sein, dass er extra einen Nebenjob angenommen hat? Nur um mich durchzufüttern? Ach Quatsch! Irrsinn. ... Obwohl es ihm ja zuzutrauen wäre.“

Da ich mich nicht länger mit meinen Gedanken ablenken lassen wollte, beendete ich sie und setzte mich auf einen der Esszimmerstühle.

 

„Hast du das ganz allein gekocht?“ Fragte ich ihn nebenbei.

„...“

 

Ich konnte ein zaghaftes Nicken erkennen. Also doch. Und nun...

 

„Hast du das extra für heute gemacht?“

„...“

 

Diesmal reagierte er nicht. Es war zwar merkwürdig, doch wollte ich ihn nicht länger damit belästigen. Eins nach dem anderen. Ich durfte es nicht überstürzen!

Es dauerte nicht lange, da servierte mir der Junge einen Teller warmes Curry. Ich hob die Stäbchen an, nahm einen Happen und probierte ihn anschließend.

Ich kaute ein wenig darauf herum, ehe ich ihn herunterschluckte.

 

„Köstlich! Ehrlich. Nicht von schlechten Eltern.“

„...!“

 

Kaum merklich zuckte Ray zusammen. Hatte ich etwas falsches gesagt? Etwa... wegen `von schlechten Eltern`? Aber wieso? Vorsichtig fragte ich nach...

 

„Habe ich etwas Falsches gesagt Ray?“

„...“

 

Er versuchte zwar, meine Worte zu ignorieren, doch das  hielt mich nicht ab.

 

„Ich hab doch nur gesagt, dass es nicht von schlechten Eltern ist...“

„...“

 

Da war es wieder. Dieses Zucken. Dieses ängstliche Zucken. Aber warum? Was war der Auslöser? Dieses Sprichwort? Etwa deswegen? Nein. Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber was... ... ...! Ah. Etwa... der Zusammenhang? ’Schlechte Eltern’? Ich hab zwar schon davon gelesen, doch erlebt hatte ich so was noch nicht...

Es musste etwas mit seinen Eltern zu tun haben... Nur was?

 

Das beschäftigte uns so, dass wir vergaßen zu essen. Jeder machte sich seine Gedanken. Nur was Ray gerade dachte, konnte ich nicht sagen. Auch wenn ich es gerne wüsste.

 

 

[Rays PoV]

 

Oh Gott. Warum passiert so was immer nur mir? Ich weiß doch, was ich getan habe. Und ich bereue es... aber... Kann man mich nicht einfach in Ruhe lassen? Von mir fern bleiben? Mich einfach nur ignorieren?

Ich will einfach nicht mehr! Nicht mehr daran erinnert werden! Wieso? Wieso aber, werde ich es doch? Immer und immer wieder? Ich will das nicht! Ich will das einfach nicht mehr!

Mum, Dad, es tut mir leid! Tut mir leid, dass ich euch das angetan habe! Aber... deswegen könnt ihr mich doch in Ruhe lassen. Oder? Geht das? Dann verschwindet! Verschwindet endgültig aus meinem Leben!

 

Ich war so in meine Gedankten vertieft, dass ich nicht merkte, wie mir die Tränen kamen und unaufhaltsam meine Wange hinunterliefen.

 

Ob es wohl einen Gott gibt? Bisher habe ich nicht an ihn geglaubt. Vielleicht sollte ich es einfach mal machen. Vielleicht. Vielleicht würde er ja meine Gebete erhören... Ja. Mich zu holen und damit all mein Leiden von mir abstreifen.

 

Ein bitteres Lächeln schlich sich auf meine Lippen.

Erbärmlich. Einfach nur erbärmlich. Warum schaffte ich es nicht, diejenigen zu vergessen, die mir so viel Leid und Trauer zugefügt haben? Wieso? Ich wünsche es mir doch so sehr. Schon seit sieben Jahren. Und doch... und doch... scheine ich noch zu sehr an ihnen zu hängen. Obwohl ich... obwohl ich...

 

[Kais PoV]

 

Ich bemerkte, dass Ray zu weinen anfing. Doch als sich dann auch noch ein so trauriges Lächeln auf seine Lippen legte, bekam ich es ein wenig mit der Angst. Wieder fragte ich mich, was mit ihm passiert ist.

 

Ich konnte diesen Anblick nicht mehr ertragen und so stand ich auf, ging zu Ray und umarmte ihn sachte von hinten.

 

Leise flüsterte ich ihm zu: „Es wird alles wieder gut. Ich bin bei dir. Ich werde auf dich aufpassen.“

„...“

 

Er bewegte sich keinen Millimeter, doch er schien mich zu verstehen. Ich sah, wie er seine Augen schloss und seinen Tränen freien Lauf ließ.

Wir blieben einige Zeit in dieser Position. Ich hatte meinen Kopf inzwischen auf meinem Arm abgestützt. Als er plötzlich meine Hand hielt, schreckte ich ein wenig auf – sah ihn erstaunt an.

Vorsichtig drehte er seinen Kopf zu mir und lächelte mich sanft an.

Ein unbeschreibliches Gefühl durchströmte mich auf einmal. Was war es nur? So eine angenehme Wärme hatte ich noch nie zuvor verspürt. Und doch schien ich zu ahnen, woran das lag. An Ray.

Der sonst so kühle und unnahbare Ray lächelte mich an. Nur mich. Mich allein. Es war, als wäre die Barriere, die bis eben noch bestand, so mir-nichts-dir-nichts einfach verschwunden ist.

 

Das Verlangen, ihm noch näher kommen zu wollen, stieg immer weiter an. Jedoch wollte ich diese „Beziehung“ nicht gefährden und hielt mich zurück.

Langsam entfernte ich mich von dem Jungen und drehte mich mit dem Rücken zu ihm um.

 

„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht bedrängen. ... Ich... werd dann mal gehen. Wir sehen uns ja morgen in der Schule. Okay. Dann... bis morgen.“

 

Ich überspielte meine Verlegenheit. Dass ich das jemals tun würde, hatte ich im Traum nicht erwartet.

Ich hob schließlich meine Tasche hoch und ging zur Haustür. Ein letztes Mal drehte ich mich noch um, blickte in die Küche.

 

„Gute Nacht, Ray.“

 

Nachdem ich den Satz los war, schloss ich die Tür und ging Gedankenversunken nachhause.

 

Kapitel 4: Sein erstes Wort

 

Am nächsten Tag, Samstag. Da heute keine Schule war, hätte ich eigentlich seit langem mal wieder richtig ausschlafen können, doch meine Träume machten mir einen Strich durch die Rechnung.

Es war kein besonders schöner Traum, eher das Gegenteil davon. Ich weiß leider nicht mehr, worum es ging, doch mein klitschnass geschwitzter Körper verriet, dass es nichts gutes war.

 

Mit weit geöffneten Augen lag ich im Bett. Noch immer schweißgebadet drehte ich mich um und blickte auf meinen Wecker, dieser Zeigte 7.49 Uhr an. Eigentlich hätte ich noch weiterschlafen können, der Schweißgeruch hielt mich jedoch davon ab. Ich stand auf und ging mich ausgiebig duschen.

Ich ließ das Wasser einige Zeit über mein Haupt laufen – dachte über verschiedenes nach.

‚Ob ich Ray heute besuchen soll? Immerhin ist Samstag... Obwohl. Besser wär’s, wenn ich erst am Montag wieder komme. Er hat sich seine Ruhe redlich verdient.’

Ich schäumte mich und meine Haare ein, brauste mich anschließend ab und stieg aus der Duschkabine. Während ich mich abtrocknete ging ich in die Küche, wollte mir eine Tasse Kaffee genehmigen.

Ich öffnete den Küchenschrank und holte die Kaffeefilter heraus, kurz danach griff ich nach der Kaffeedose und öffnete diese. Doch in der Dose befand sich nichts.

 

„Alle...“

 

Ich seufzte. Dennoch brauchte ich jetzt etwas heißes. Und da kein Kaffee zur Verfügung stand, beschloss ich, in ein Café zu gehen. Einmal würde ich mir das schon leisten können.

 

Nachdem ich mich angezogen hatte, machte ich mich auf den Weg zum nächstgelegenen Café – welches nur wenige Meter entfernt lag.

Ich kam auf dem Weg dahin an einer Buchhandlung vorbei. Interessiert blickte ich in das Schaufenster. Ich erwartete schon seit einiger Zeit den nächsten Roman von Hikaya Sugu.

Doch statt meinen Lieblingsroman, entdeckte ich jemand anderen.

 

„Ray?“

 

Erstaunt darüber ging ich kurzerhand in den Laden – direkt zu Ray. Der junge Chinese war vor dem Regal der Kochbücher, las gerade eines mit französischer Küche.

Doch das hielt mich nicht davon ab, ihn zu begrüßen.

 

„Guten Morgen Ray. Gut geschlafen?“

 

Der Angesprochene drehte sich erstaunt zu mir um. Was mich wunderte, war das sanfte Lächeln und sein Nicken, welches er mir entgegenbrachte.

Ich kam näher an ihn heran und begutachtete das Buch, das er noch in der Hand hielt.

 

„Französisch? Das ist doch recht schwer, nicht? Und das kannst du?“

„...“

 

Er antwortete gewohnter weise mit einem Kopfschütteln.

 

„Ist ja toll. Ich könnt das sicher nicht. Dafür bin ich zu doof...“

 

Gut. Diese Unterhaltung führte zu nichts, doch war es besser als nix.

 

„Sag. Hast du Hunger? Lust auf einen Kaffee? Ich lad dich ein. Wollt sowieso einen trinken gehen.“

„...“

Ray sah mich erstaunt an und überlegte dann eine Weile.

 

„Ach komm. Ich tu dir doch nichts.“

„...“

 

Erst nach Minuten erhielt ich von ihm eine Antwort. Mit einem schüchternen Nicken zeigte er mir, dass er mitkäme. Ich fühlte mich zu dem Zeitpunkt großartig. Endlich öffnete er sich mir, wenn auch nur wenig.

Wir kamen nur wenige Minuten später in dem Café an. Wir setzten uns an einen ruhigen, abgelegenen Platz. Nachdem uns die Kellnerin erspäht hatte, bestellte ich uns zwei Tassen Milchkaffee, den Ray auch sehr schätzte.

Ich drehte mich wieder um und sah zu Ray, der stur nach draußen sah.

 

„Ist da irgendetwas Ray-kun?“

„...“

 

Er richtete seinen Blick auf mich, nickte dann kaum merklich und sah wieder nach draußen.

Seltsames Verhalten, dachte ich noch, ehe uns der Kaffee gebracht wurde.

 

„Danke. Hier dein Kaffee Ray-kun.“

 

Der Junge drehte sich um und sah sich die Tasse lange an. Erst nach Minuten hob er sie an und trank einen Schluck. Ich tat es ihm gleich.

 

„Lecker, was? Ich gehe gern hierher.“

„...“

 

Er setzte seine Tasse ab, ließ sie aber nicht los und blickte sie traurig an. Ich bemerkte seinen Blick, den ich nicht so richtig deuten konnte. Was ist nur heute los mit ihm?

 

„Ray-kun... Ich...ich würde gerne wissen, warum du auf dieser Schule bist...“

 

Ich weiß nicht, warum ich ihn das gefragt habe. Erst im nachhinein merkte ich dass es falsch war – doch das war schon zu spät...

 

„...!“

 

Erschrocken sah Ray zu mir auf, sah mich dann entsetzt an und fing an zu zittern.

 

„Ray-kun?“

 

Ich war verunsichert. Was sollte ich nun machen? Ich wusste es nicht. Ich stand auf und beugte mich über den Tisch. Ich streckte meine Hand aus, wollte sein Gesicht berühren, doch bevor es soweit kam, schlug er meine Hand weg, stand auf und wich zurück.

 

„Ray-kun?“

 

Er schüttelte seinen Kopf und rannte aus dem Café. Ich musste was falsches gesagt haben, anders konnte ich mir das nicht erklären.

Ich legte ein paar Yen auf den Tisch und rannte Ray hinterher, er war leider sehr schnell vorwärts gekommen. Ich hatte ihn erst nach zehn Minuten eingeholt, indem ich meine Hand nach seinem Arm ausstreckte und ihn so anhielt. Keuchend blieben wir stehen, einige Minuten lang.

 

„Was... Was ist denn mit dir Ray? Ich versteh dich nicht. Versteh doch, dass ich dir nur helfen will! Ehrlich!“

Meinte ich, nach Luft ringend.

„...“

 

Er antwortete nicht, drehte sich nur zu mir um und sah mich verheult an.

 

„Ray?“

„...“

 

Er kniff seine Augen leicht zusammen und rannte dann in meine Arme, ließ seinen Tränen und damit auch seinem Kummer freien Lauf.

Langsam legte ich meine Arme um seinen zitternden Körper

 

„Es wird alles gut Ray. Es wird alles wieder gut.“

 

Flüsterte ich ihm zu und, nachdem wiederum einige Minuten vergangen und seine Tränen langsam trocken waren, hörte ich ihn etwas sagen. Nur leise, aber es war da. Sein erstes Wort, dass an mich gerichtet war...

 

„...Danke...“

 

Kapitel 5: Erinnerung an damals

 

Wir kamen einige Zeit später bei mir zuhause an. Wir setzten uns auf die Couch und schwiegen uns einige Zeit an. Ich konnte es einfach nicht vergessen, dieses „Danke“ welches er mir schenkte.

„Ray-kun...“ fing ich leise an. „Willst du mir alles anvertrauen?“ Falsche Frage. Aber was besseres fiel mir einfach nicht ein. Sein Schweigen war Antwort genug – es war die falsche Frage zur falschen Zeit...

 
Fortsetzung Folgt...

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